Ideenwerkstatt zum Praxisprojekt „Zwürfel“ in Zeitz
Text von Dr. Ringo Rösener und Stefan Scheel | Fotos von Dr. Ringo Rösener
Wie füllt man ein leerstehendes Gebäude mit neuen Ideen und Leben ausschließlich durch Beteiligung? Diese Frage beschäftigt das Projekt "Transfer durch Kokreation" seit Herbst 2024. Ausgangspunkt war das Zusammentreffen der Kulturwissenschaftler Stefan Scheel und Dr. Ringo Rösener mit den Engagierten des Zwürfel e.V., Anke und Ralph Wagener, in der Analysephase des Projekts im Winter und Frühjahr 2023/24.
2024 erwarb der Zwürfel e.V. das unter dem Namen „Bluebox“ bekannte Gebäude auf dem Zeitzer Schützenplatz. Ziel des Vereins ist es, das Gebäude nachhaltig und im Sinne des Gemeinwohls zu nutzen und den Platz wiederzubeleben. Der Name des Vereins knüpft dabei an die Würfelform des Gebäudes an und kombiniert die Begriffe „Zeitz“ und „Würfel“. Zudem verweist er auf die lange Tradition der Zucker- und Zuckerwürfelproduktion in Zeitz.
Die Bluebox ist ein Relikt der Landesgartenschau 2004. Ursprünglich wurde sie als Lagerstätte für Stadtmöbel mit einer öffentlichen Toilette errichtet, steht jedoch seit Jahren leer. Der Schützenplatz bildet das Ende der Schützenstraße, welcher die zentrale städtische Achse vom Schloss über die Altstadt im Osten abschließt. In den vergangenen Jahren hat sich der Platz zu einem beliebten Treffpunkt für die Anwohner:innen der Nachbarschaft entwickelt, die sich vor allem im Sommer dort versammeln, Volleyball spielen oder die sonnigen Abende genießen.
Der Zwürfel e.V. strebt nun die Belebung der Bluebox an und möchte dabei die Anwohner:innen sowie verschiedene Bezugsgruppen des Platzes aktiv einbinden. Das Projekt „Transfer durch Kokreation“ begleitet diesen Prozess seit Herbst 2024. Ziel des Projektes ist es hier einen experimentellen Beteiligungsprozess anzustoßen, der sich über mehrere Monate bis in den Sommer 2025 erstreckt. Ein wichtiger Bestandteil dieses kokreativen Prozesses ist es, über verschiedene Angebote, Gelegenheiten der Beteiligung zu schaffen, zum Mitwirken anzuregen und zum Selbermachen zu motivieren. Dazu werden Mitmach-Formate zusammen mit verschiedenen Akteuren der Zeitzer Zivilgesellschaft organisiert und umgesetzt. Neben dem Zwürfel e.V. wollen unter anderem das Zeitzer Stadtlabor, die Friedrich-Ebert-Stiftung und die Kultur- und Bildungsstätte Kloster Posa mit dem Projektteam der Universität Leipzig zusammenarbeiten. (Mehr zum Projekt finden Sie im herunterladbaren Flyer.)
Am 30. November 2024 fand ein erstes Sondierungs- und Beteiligungsformat statt. Studierende der Universität Leipzig gestalteten gemeinsam mit dem Projektteam einen ganztägigen Workshop, um Bedarfe, Wünsche und erste Ideen für die Weiterentwicklung der Bluebox und des Schützenplatzes zu sammeln. Dabei wurde schnell deutlich, dass solche Beteiligungsformate vor allem von den bereits aktiven Akteur:innen der Stadt Zeitz genutzt werden. Es nahmen Vertreter:innen bekannter Organisationen teil, darunter das Stadtlabor, der Zeitzer Kunstverein, der Maya e.V., der Ukrainische Kultur- und Integrationsverein sowie „Zeitz Hood“. Gemeinsam wurden unterschiedliche Perspektiven auf Zeitz sichtbar gemacht sowie Herausforderungen und Chancen einer lebenswerteren Stadt diskutiert. Anschließend stellten Studierende der Burg Giebichenstein (Halle) ihre Visionen zur BlueBox vor, die sie in einem Projektmodul des Architekten Robert Laser entwickeln. Zusammen wurde sich dann über die Visionen ausgetauscht und weiter überlegt, wie die Bluebox in Zukunft genutzt und belebt werden kann.
Der Workshop endete mit zwei konkreten Ergebnissen. Zum einen waren sich alle Anwesenden einig, dass noch mehr Gruppen und Akteure der Stadt in die Belebung und Entwicklung der Bluebox einbezogen werden müssen. Zum anderen bestand Übereinstimmung darüber, dass das Vorgehen dafür angepasst und deutlich stärker Mitmach-orientiert gestaltet werden muss. Aus diesem Grund wird das Projektteam von "Transfer durch Kokreation" in Zusammenarbeit mit Leipziger Studierenden in den kommenden Monaten gezielt Akteure und Gruppen in Zeitz aufsuchen, um ihnen die erarbeiteten Ideen rund um die Bluebox und den Schützenplatz vorzustellen. Auf diese Weise möchten sie vor allem die Zeitzer:innen dazu einladen, im Sommer selbst aktiv auf dem Platz und an der Box mitzuwirken.
Unter dem Titel „Überirdisches Zeitz“ sollen Aktionstage von und für die Zeitzer:innen auf dem Schützenplatz gestaltet werden, bei denen Beteiligung erlebbar wird. Die Teilnehmenden des Workshops und das Team von „Transfer durch Kokreation“ werden dafür gemeinsam Ressourcen suchen und bereitstellen.
Die Planung, Durchführung und Ergebnisse des Workshops haben gezeigt, dass Beteiligungsprozesse in Städten wie Zeitz deutlich akteurssensibler gestaltet werden müssen. So stellte sich als große Herausforderung heraus, Jugendliche für einen ganztägigen Workshop am Wochenende zu gewinnen. Auch die zeitlichen Kapazitäten der Teilnehmenden erwiesen sich als Hürde für solche Beteiligungsverfahren. Trotz dieser Herausforderungen war der Workshop ein Erfolg: Die anwesenden Zeitzer:innen stärkten ihr Engagement für die Bluebox, die Studierenden erlernten sowohl Techniken und Methoden partizipativer Workshops als auch einen tieferen Einblick in die Stadt Zeitz, und das Projektteam von "Transfer durch Kokreation" konnte eine neue Strategie entwickeln, um eine vielfältigere Beteiligung in Zeitz anzustoßen.
Einblicke in die Ideenwerkstatt am 30. November 2024, Fotos: Dr. Ringo Rösener und Stefan Scheel